Gitarre und Musiklehre, U. Meyer

Der Gegenklang

Bis jetzt sind wir immer noch so gut wie nur in einer Tonart, wenn auch die Dominante in Moll von "weiter im Kreuzbereich des Quintenzirkels" kommt. Aber das Konzept mit den Hauptfunktionen und ihren Parallelen muss um den Begriff "Gegenklang" erweitert werden.

Die Parallele eines Hauptklanges steht in Dur immer auf der kleinen Terz unterhalb, in Moll auf der kleinen Terz oberhalb dieses Dreiklanges.
Der Parallele in der Tonleiter gegenüber liegt der Gegenklang! Eine leitereigene Terz unter c findet sich das a, der Grundton der Parallele a-c-e. Gegenüber, also eine leitereigene Terz über C findet sich das e, Grundton des Gegenklanges e-g-h. Die Parallele ist immer eine kleine Terz entfernt, der Gegenklang hingegen eine große Terz.

Das Ganze funktioniert genauso in Moll; hier ist die Parallele eine kleine Terz über dem Bezugsklang, der Gegenklang eine große Terz unter dem Bezugsklang zu finden.

Parallele und Gegenklang

Die Grafik für die Funktionen Dominante und Subdominante sähe entsprechend aus. Um die Verwirrung zu fördern, eventuell auch nur die Diskussion anzuheizen, biete ich hier zwei Grafiken zu den Akkorden in den Tonleitern an:

Gegenklang in Durtonleiter

Du siehst oben die C-Dur-Tonleiter mit Akkordbuchstaben, Funktionsbezeichnungen, und den Gegenklängen rot umrahmt in der "dritten Reihe". Den Dominantgegenklang " Dg" habe ich eingeklammert, weil der H-Moll-Dreiklang nun wirklich nicht mehr nach C-Dur gehört. Nicht nur enthält er ein Kreuz, sondern als erstes würde man ihn wohl als Parallele der Doppeldominante bezeichnen. Das ist mir für den engeren C-Dur-Kreis nun doch etwas weit hergeholt!

Gegenklang in Molltonleiter

Hier ist oben entsprechend die A-Moll-Tonleiter zu sehen, wieder mit Akkordbuchstaben und Funktionsbezeichnungen. Eingeklammert ist in diesem Fall der B-Dur-Akkord. Im Prinzip ist er als sG, als Subdominantgegenklang zu deuten, wegen des aber doch recht fremd in der Tonart. Allerdings spielt er in Gestalt des "Neapolitaners" doch eine wichtige Rolle in der Mollkadenz...
Ebenfalls eingeklammert ist der verminderte Dreiklang auf der zweiten Stufe. Er ist natürlich immer noch der verkürzte Dominantseptakkord zur Tonikaparallele, oder als Quinte, Septime und kleine None eines Dominantseptnonakkordes ohne Grundton und Terz ( e - gis - h - d - f) zur Tonika A-Moll zu deuten, aber ich lasse ihn hier mal in der Klammer.

Beide Notenbeispiele sind ziemlich verwirrend, und deshalb fragen wir, bevor ich eine Diskussion über Qualität und Grenzen der Analyse anstoße erst mal ganz entspannt:

Wann braucht man den Gegenklang?

Wozu braucht man den Begriff, sorgt er nicht nur für Verwirrung? Wir hatten doch gesagt, der A-Moll-Dreiklang sei in C-Dur als Tonikaparallele Tp zu bezeichnen, aber offensichtlich kann man ihn auch Subdominantgegenklang Sg nennen! Wann nennt man ihn wie?

Kadenzen mit Trugschluss

Das klassische Beispiel für die korrekte Bezeichnung eines Dreiklanges als Gegenklang ist eine Trugschlusskadenz. Hier folgt auf die Dominante anders als in der "normalen" Kadenz nicht die Tonika, sondern jeweils der Klang, der eine Stufe über der Dominante steht. Das ist in Dur die Tonikaparallele, in Moll der Tonikagegenklang.

Im Notenbeispiel unten folgt in der Kadenz in C - Dur auf die Dominate G-Dur ein A-Moll-Akkord. Da er an Stelle der Tonika kommt, heißt er Tonikaparallele (nicht Subdominantgegenklang), und die Kadenz ist eine Trugschlusskadenz. In der A-Moll-Kadenz folgt auf die Dominante E-Dur F-Dur. Da F-Dur an Stelle der Tonika steht, bezeichnet man den Dreiklang als Tonikagegenklang, nicht als Subdominantparallele. Allgemein könnte man formulieren: Wenn zum Beispiel F-Dur in A-Moll eher als Vertreter der Tonika zu sehen ist, und nicht subdominantisch, dann bezeichnet man ihn korrekt mit "tG".

Die Stimmführung in den Beispielen erfolgt am Schluss in dieser Form, um Quint- und Oktavparallelen zu vermeiden. Die Terz des Zielklanges ( c in C-Dur, a in A-Moll), die dem Grundton der eigentlich erwarteten Tonika entspricht, wird dabei verdoppelt.

Trugschluss mit Gegenklang in Oktavlage

Trugschlüsse in Oktavlage anhören:

Trugschluss mit Gegenklang in Terzlage

Beim Trugschluss in Terzlage hat man auf dem Tasteninstrument am Ende nur einen dreistimmigen Akkord - das wäre natürlich bei einem Chor- oder Instrumentalsatz anders. Anhören:

Trugschluss mit Gegenklang in Quintlage

In der Quintlage erhält man wieder einen Schlussakkord mit nur drei Tönen, es sei denn, man lässt den Leitton der Dominante "abspringen" in den Grundton des Zielklanges, hier angedeutet durch eine kleine Note und den gestrichelten Bogen. Im Hörbeispiel ist diese Variante nicht wiedergegeben.

Verschiedene Möglichkeiten

Ein Dreiklang kann also mal als Parallele, mal als Gegenklang bezeichnet werden. Wenn einem die Erklärung einleuchtet, kann man daraus umgekehrt schliessen: die harmonische Analyse eines Stückes kann nicht einfach nur richtig oder falsch sein, sie kann richtiger sein, oder den Sinn des beschriebenen besser erfassen, oder eben nicht. Sie gibt immer eine Meinung wieder, und sie kann unzulängliche Mittel wählen. Mit den "weiter hergeholten" Akkorden ist das so eine Sache: man muss immer überlegen, ob man den H-Moll-Akkord in C-Dur als Dominantgegenklang bezeichnet, oder ob man nicht eine Modulation annimmt, und der "Exot" H-Moll eher eine banale Tonikaparallele (in D-Dur) ist.

Erweiterte Kadenzen

Nachdem du jetzt etwas über Kadenzen und ihre Bestandteile, die Hauptfunktionen sowie Parallele und Gegenklang weißt, folgen hier noch einige Beispiele zum Üben. So etwas wie "die erweiterte Kadenz" gibt es nicht - es sind nur Vorschläge, die es ermöglichen sollen, das theoretische Wissen praktisch zu erproben.
Man braucht dabei mehr an Konzentration als für die T - S - D - T - Kadenz: Kann man sicher sein, dass eine Akkordfolge, die in Oktavlage begonnen wunderbar funktioniert in einer anderen Lage nicht verbotene Parallelen enthalten wird? Keinesfalls!

Dur

In dieser erweiterten Durkadenz (ein Beispiel für viele Möglichkeiten) folgt auf die Tonika deren Parallele, dann die Subdominante, die Subdominantparallele, der Dominantquartsextvorhalt vor der Dominante und schließlich die Tonika. Die Basslinie habe ich mit Achteln aufgefüllt, die man auch weglassen kann; bei der Dominante könnte man noch einen Oktavsprung in Vierteln einfügen. Anhören:

erweiterte Kadenz Dur
Quintparallelen!

In der Quintlage ist ein Akkord verändert: aus der Subdominantparallele am Ende des ersten Taktes habe ich eine Sp 56 gemacht, dem Akkord also eine sixte ajoutée spendiert (durch den schwarzen Rahmen gekennzeichnet), denn andernfalls entstünde hier eine verbotene Quintparallele (siehe das Bild links). Ganz so einfach, wie bei der "Standardkadenz" kommt man also beim Üben nicht davon!

Moll

erweiterte Kadenz Moll

Das Beispiel einer erweiterten Kadenz in Moll (anhören:) ist analog zu dem in Dur aufgebaut, aber die Akkordfolge ist doch anders, und durchaus komplizierter zu erklären (wie immer in Moll):
Der Tonika folgt die Subdominantparallele oder Tonikagegenklang, dann die Subdominante, und dann kommt der verminderte Dreiklang auf der zweiten Stufe. Wie ist dieser einzuordnen?

Quintparallelen in Moll

Nach diesem Erklärungsbedarf hervorrufenden verminderten Dreiklang folgt auch hier ein Dominantquartsextvorhalt vor der Dominante und schließlich die Tonika. Wie in Dur ist die Basslinie mit Achteln aufgefüllt.

Und wie beim Beispiel in Dur, gibt es auch in Moll eine Quintparallele in der Quintlage. Die verminderte Quinte h-f wird in die reine Quinte a-e geführt, und man weiß ja "Rein-vermindert schreib' ungehindert - vermindert-rein - das lass' sein!"... Wenn man die Stelle spielt, merkt man: das Ohr hört tatsächlich Parallelen, obwohl die erste Quinte keine reine ist.
Also habe ich an dieser Stelle den verminderten Dreiklang zum Vierklang erweitert - so wird auch die "quasi-dominantische" Funktion zur Dominante E-Dur am deutlichsten.

Improvisationsübung

Man muss sich diesem Thema auch nicht nur "rein akademisch" nähern - warum nicht an so einer erweiterten Kadenz ein bisschen improvisieren üben? So eine Kadenz ist ein extrem kleines Biotop, in dem sich gut schwimmen üben lässt: Man entferne die Durchgangsnoten im Bass, beginne in einer Lage und erfinde eine Melodie, zum Beispiel:

erweiterte Kadenz Improvisation

Dabei erwischt man vielleicht die eine oder andere Quintparallele, spielt in Tonarten mit vielen Vorzeichen auch mal herzerfrischend falsche Töne - aber man tut niemandem weh und geht die Sache etwas anders an!

Andere Beispiele

Es steht natürlich jedem frei, die beiden obigen Beispiele für erweiterte Kadenzen nicht so toll zu finden. Sie sind ein bisschen stupide aufgebaut, was den Vorteil hat, dass man länger den Überblick behält, vielleicht auch noch in Des-Dur...

Hier ein Beispiel in Dur mit mehr Finessen und Fallstricken:

erweiterte Kadenz Dur 2

Nach der Tonika in Oktavlage folgt eine S 56, eine Subdominante mit sixte ajoutée, darauf die Dominante, und dann ein Trugschluss zur Tonikaparallele A-Moll. Um die Mollparallelen alle unterzubringen lasse ich E-Moll und D-Moll folgen, und ende mit Dominantquartsextvorhalt und - unvollständigem! - Dominantseptakkord in der vollständigen Tonika.

Das sieht ja ganz nett aus, aber hoppla! - in den anderen Lagen ergeben sich überraschende Dinge! Wenn bei der S 56 das d oben liegt, umfassen die drei Töne in der rechten Hand nicht mehr eine kleine Septime, sondern nur eine Quarte. Das d bleibt dann zur Dominante liegen, und dann sieht der Zielklang des Trugschlusses ganz komisch aus, und wie bitte bleibt man dann in der Terzlage? Ausprobieren!

Das Beispiel in Moll ist ähnlich verwirrend:

erweiterte Kadenz Moll 2

Wieder analog zum Dur-Beispiel aufgebaut folgen auf die Tonika die s 56, danach die Dominante und der Trugschluss zum Tonikagegenklang. Danach kommt die Tonikaparallele und dann - hier wenig schlüssig angesteuert, aber ich will nun mal alle sechs Haupt- und Nebenfunktionen dabei haben - deren Dominante G-Dur, schließlich der Dominantquartsextvorhalt und wieder der unvollständige D 7, der in die vollständige Tonika führt.

Garantiert wird man in den anderen Lagen Spaß mit dem s 56, dem Trugschluss und Quintparallelen haben! Solche praktische Übungen sind halt nicht einfach, und man sollte sie als "experimentelles Lernen" betrachten!

Nach diesem Exkurs in die Praxis kehren wir zurück zur Theorie, und erweitern das harmonische Material um nicht mehr unmittelbar zur Tonart gehörende Akkorde.

Weitere Funktionen: entfernte Verwandte

Es gibt eine Reihe nicht mehr direkt zur Tonleiter gehörende Dreiklänge, die in komplizierteren Liedern oder Stücken auftauchen, aber trotzdem noch mit der Funktionstehorie beschrieben werden können.

Wenn das Stück moduliert, d.h. vorübergehend in eine andere Tonart ausweicht, wird der Weg dahin gerne mit einer Zwischendominante vorbereitet. Man erkennt sie in der Analyse daran, dass sie eingeklammert und mit einem Bogen mit dem Klang verbunden ist, auf den sie sich bezieht. In C-Dur taucht plötzlich die Note "fis" auf, die ja zu G-Dur gehört, und ihr wird als Harmonie der D-Dur-Dreiklang zugeordnet. Ein Molldreiklang auf d ist in C-Dur ja als Subdominantparallele bekannt; der D-Dur-Akkord heißt "Doppeldominante" (es handelt sich um die Dominante der Dominante). Wegen des Bezuges zur Subdominantparallele wird er auch manchmal "Wechseldominante" genannt. Allzu überrascht sollte man auch nicht sein, wenn statt E-Moll plötzlich E-Dur als Zwischendominante zur Tonikaparallele auftaucht...
Unten also die etwas "erweiterte Familie" der Dreiklänge, die mit der Tonika C-Dur in freundlichen verwandtschaftlichen Beziehungen stehen:

entfernte Verwandte

Der dritte Akkord, B-Dur, ist in C die doppelte Subdominante. Darauf folgt F-Moll, die Mollsubdominante, zugegeben ein eher seltener Gast, der aber immer als besondere Farbe wahrgenommen wird. Die Doppeldominante D-Dur führt zur Dominante hin - ein häufiges Manöver. Die Zwischendominanten zur Tp und zur Sp schreibt man als "D" in Klammern und einem Bogen zum Bezugsklang.

Wenn in C-Dur plötzlich ein F-Moll-Dreiklang auftaucht, wird er manchmal auch als Subdominantvariante bezeichnet, ebenso ein A-Dur-Dreiklang als Variante der Tonikaparallele - der Begriff Variante meint hier "Wechsel zum anderen Tongeschlecht".
Allerdings wird in einer harmonischen Analyse mit "DP" (Dominantdurparallele) nicht besonders viel ausgesagt, wenn die Funktion des Klanges die der Zwischendominate zu Tonikaparallele ist. "DP" ist zwar als Name richtig, aber die eigentliche Funktion geht daraus nicht hervor.

Unten ein Notenbeispiel mit der Gesellschaft der Varianten. Ich habe es unterlassen, die DP auch als TG zu bezeichnen, gleiches gilt für die TP.

weitere Verwandte

Alle diese Dinge kommen in etwas abwechslungsreicherer Musik vor, und man sollte sie kennen, dann kommt man beim Heraussuchen einer Begleitung eher auf solche Tricks! Eines meiner Lieblingsbeispiele für ungewöhnliche Akkordauswahl / schwierige Tonartbestimmung ist ein Song von Cat Stevens.

Es folgt eine Trainingsaufgabe mit möglichst vielen verschiedenen Akkorden, unsystematisch durch die Tonarten.

Aufgabe

Nenne diese Funktionen als Akkordbuchstaben und Töne. Zeige mit der Maus auf die Frage, um die Antwort zu sehen.
Großbuchstaben bedeuten Dur- kleine Buchstaben Mollakkorde. Bei Sg in D wird also nach dem Gegenklang (ein Mollakkord) der Subdominante in D-Dur gesucht.

Achtung: die Aufgaben sind nicht alle harmlos: wenn in Dur nach einem sG gesucht wird, ist das schon etwas weiter weg, weil die Mollsubdominante schon ungewöhnlich ist!

  • Sg in D
  • Dp in As
  • S in Fis
  • t in B
  • s in H
  • DD in Des
  •  
  • tP in g
  • S in fis
  • d in b
  • tG in cis
  • dG in h
  • Dp in es
  • sG in cis
  • T in g
  • dP in fis
  • ss in c
  • Tp in h
  • sP in f
  •  
  • d in G
  • SP in A
  • Tp in As
  • DD in E
  • Dg in B
  • D in Fis
  • Sp in Es
  • Tg in E
  • sP in c
  • TP in Es
  • sP in H
  • SS in B
  •  
  • s in f
  • D in cis
  • Sp in h
  • DD in es
  • Dp in a
  • sG in c
  • sP in d
  • Sp in fis
  • tG in as
  • dP in h
  • sp in cis
  • TP in f
  •  
  • sG in A
  • DP in B
  • dP in G
  • Dg in E
  • Sg in Es
  • Dp in Fis
  • SS in Des
  • dP in E
  • sP in As
  • tP in G
  • SP in A
  • sG in F
  •  
  • DD in h
  • dG in b
  • Tp in cis
  • Dp in c
  • ss in h
  • tP in es
  • tP in as
  • S in gis
  • dG in F
  • Sp in c
  • DP in e
  • tG in b
  •  
  • Tg in A
  • DP in c
  • TP in Es
  • Sp in Des
  • tP in H
  • Tp in E

Bevor ich versuchen möchte, zum Einfachen und Wesentlichen zurück zu kehren, möchte ich kurz den Begriff Mediante streifen.

Medianten

Der Begriff Mediante, oder genauer seine Anwendung gefällt mir nicht so richtig, weil die Verwandschaft, die mit ihm begründet wird, mir manchmal fragwürdig erscheint.

Mit Mediante bezeichnet man terzverwandte Akkorde. Das heißt: wenn die Grundtöne zweier Dreiklänge eine Terz auseinander liegen, haben wir eine Mediante vor uns.

Genau, das hatten wir gerade schon: Die Grundtöne der Paralle und des Gegenklangs von C-Dur, A-Moll und E-Moll, liegen beide eine Terz vom Tonika-Grundton entfernt. Man kann sie also unter dem Begriff Mediante zusammenfassen. Da sie zwei Töne mit dem Bezugsklang gemeinsam haben, nennt man sie auch "Medianten ersten Grades".
Allerdings gibt es zwischen beiden einen Unterschied: A-Moll ist mit C-Dur "kleinterzverwandt", E-Moll hingegen "großterzverwandt". Dies bitte speichern!

Kleinterzverwandt mit C-Dur sind aber auch Es-Dur und Es-Moll, wobei Es-Dur nur noch einen Ton mit C-Dur gemeinsam hat (das g), Es-Moll aber gar keinen. Deshalb ist Es-Dur eine "Mediante 2. Grades", Es-Moll aber eine 3. Grades.
Also bedeutet die Aussage, A-Moll, Es-Dur und Es-Moll seien "kleinterzverwandt" mit C-Dur... weiter gar nichts. Der erste Akkord ist sehr nah dran an C-Dur, der zweite immerhin die Parallele der Variante, der dritte denkbar fern.

Und bitte sehr: was für eine Verwandschaft ist das denn: keine gemeinsamen Töne! Nicht nur das: tonartlich ist Es-Moll als Parallele von Ges-Dur im Quintenzirkel sechs Quinten entfernt, oder auch genau gegenüber, oder auch "so weit weg wie möglich"! Welche Verwandschaft wird da beschrieben?

Für mich hat der Begriff innerhalb der Funktionstheorie bestenfalls beschreibenden Charakter, wenn man zum Beispiel sagt, Es-Moll sei eine Mediante zu C-Dur. Das ist nicht falsch, sagt aber auch nicht wirklich etwas darüber aus, wie man nun von C-Dur nach Es-Moll gekommen ist, und was sie mit einander zu tun haben.
Im schlechteren Fall verschleiert der Begriff, denn E-Moll ist zwar eine Mediante zu C-Dur, die Bezeichnung "Gegenklang" oder "Dominantparallele" ist aber genauer. Wenn jemand auf die Frage "Welche Funktion hat der A-Dur-Dreiklang in der Tonart C-Dur?" mit "Er ist eine Mediante." antwortet, hat er eigentlich noch nichts von Belang gesagt. "Variante der Tonikaparallele", "Tonikadurparallele" oder "Möglicherweise eine Zwischendominante zur Subdominantparallele / Doppeldominante" - das wären Antworten, die einen Gehalt haben, den man überprüfen kann.

Also drücke ich mich davor, die gesammelten Es-Moll, E-Dur, As-Moll usw. nach klein- oder großterzverwand und ersten, zweiten oder dritten Grades zu klassifizieren. Es-Moll ist in C-Dur die Mollparallele der Molltonika oder auch "tp", wenn sie denn wirklich nur ein plötzlicher Knalleffekt, und nicht in einer Modulation eigentlich etwas ganz anderes ist.
Und ein Gegenklang ist für mich ein Gegenklang, und keine Mediante... Trotzdem folgt unten ein Notenbeispiel mit der Molltonikamollparallele und ihren Freunden.

und die Medianten

Quintenzirkel vertikal

Zurück zu den zentralen Dingen, den Akkorden, die man häufiger braucht...

Im unten stehenden Quintenzirkel sind die Akkorde eingerahmt, die in C-Dur am wichtigsten sind. Die eingeklammerten Buchstaben stellen die Akkorde dar, die gerne als Zwischendominanten ins Spiel kommen.
Das sind die Doppeldominante, die Tonikadurparallele als Zwischendominante zur Subdominantparallele, und die Dominantdurparallele als Zwischendominante zur Tonikaparallele.

Einen solchen Rahmen kannst du dir um jedes tonale Zentrum denken, und schon weißt du, welche Akkorde zur Begleitung eines Stückes wahrscheinlich Verwendung finden. Der Quintenzirkel hat definitiv einen Bezug zur Praxis!

Die Parallelen stehen sich am Kreisrand gegenüber. Den Gegenklang eines Durakkordes findest du eine Stelle nach rechts innen, Beispiel: C-Dur und E-Moll) den Gegenklang eines Mollakkordes eine Stelle nach links und außen (Beispiel: A-Moll und F-Dur).

Quintenzirkel vertikal
Quintenzirkel erweitert

Links siehst du den Quintenzirkel in vertikaler Form. (Eine Idee, die ich bei dem Theorielehrer an der HKM Bremen, Prof. H. J. Feilke kennen lernte.)

Suche das "C" in der Mitte. Darunter siehst du ein kleines "a", also die Tp, darunter wiederum "F", die Subdominante. Über dem "C" steht "e", die Dp, und darüber die Dominante "G".

Wenn du "C" und die beiden Akkordbuchstaben darüber liest, hast du die Töne des C-Dur-Dreiklangs: C - e - G. Bei "c", dem Symbol für C-Moll, findest du "c - Es - g", die Töne dieses Dreiklangs. Das klappt überall!

Dur - Quintenzirkel

Quintenzirkel Dur & Moll

Quintenreihe

Ein Beispiel für etwas ausgefallenere Harmonisierung: "Der Kuckuck und der Esel".

Kuckuck Esel
Übung:

Schreibe unter die folgenden Zeilen die Funktionsbezeichnungen und die tatsächlichen Akkorde! Jede Aufgabe enthält zwei Takte in zwei Tonarten.

Aufgabe Funktionen
Lösung 06a Akkorde
Aufgabe Funktionen 2
Lösung 06b Akkorde
Aufgabe Funktionen 3
Lösung 06c Akkorde