Gitarre und Musiklehre, U. Meyer

Qualität oder: die Suche nach einer guten Flöte

Es gibt - große Überraschung - billige und teure Blockflöten, und man hat bei der Anschaffung beste Chancen, viel falsch zu machen. Ob man eine Anfängerflöte für den ersten Unterricht kauft oder "etwas Besseres" sucht - Flöten kaufen ist ebenso schwierig, wie es einfach aussieht. Selbstverständlich werde ich hier nicht aufschreiben, welche Flöten ich bevorzuge, aber ein paar allgemeine Tipps möchte ich formulieren:

Mit dem Lehrer sprechen

Wenn Sie ein Instrument für den Unterricht besorgen möchten, sprechen Sie immer vorher mit dem Lehrer! Versuchen Sie vorher, etwas über die beste Möglichkeit für Blockflötenunterricht herauszufinden! Kein Instrument wird von so vielen Leuten "unterrichtet", die keine Ausbildung dafür haben, Blockflöte nur mal nebenbei gelernt haben, keine Ausbildung für Instrumentalunterricht haben usw. Falls Sie durch Herumfragen bei einer Lehrkraft landen, die tatsächlich Blockflöte studiert hat, sind Sie möglicherweise an der teuersten Stelle gelandet, aber wenn Sie Flöte nicht weniger Ernst nehmen als Klavier (es geht bei jedem Instrumentalunterricht darum, dass ein Mensch etwas über Musik mit einem Instrument lernt), und etwas bei der Sache herauskommen soll, lohnt sich die Investition!

Wenn der Unterrichtende also Ahnung von der Sache hat, wird er mehr oder weniger konkrete Vorschläge für ein Instrument machen, oder bei der Auswahl helfen. Auf alle Fälle kaufen Sie, wenn Sie vorher mit dem Lehrer sprechen, nicht etwas völlig Falsches, oder ihr Kind hat als einziges in einer Gruppe eine Flöte von der anderen Firma, oder...

Deutsche oder barocke Griffweise

Der erste Fehler, den man machen kann, ist eine Flöte in deutscher Griffweise zu kaufen, wenn der Unterricht auf barocker Griffweise läuft (Falls der Unterricht in deutscher Griffweise erteilt wird, und Sie noch gar nicht darüber informiert sind, was das eigentlich heißt, lesen Sie bitte hier weiter). Mit einer Flöte in dieser Griffweise kann man im Unterricht mitmachen, bis die untere Hand ins Geschehen eingreift, dann muss man sich entscheiden, ob man die Flöte oder den Lehrer wechselt...

Der zweite Punkt ist, dass man für mehr Geld in der Regel eine bessere Flöte bekommt. Seien Sie hellhörig, wenn Sie danach fragen, was Sie denn so anlegen sollten: die Menschen, die Sie um Rat bitten, sind schüchtern! Der Flötenlehrer, weil er denkt "wenn ich mit zu hohen Ansprüchen komme, denken die Leute mir geht es nicht gut..."; der Inhaber des Musikgeschäfts möchte Ihnen zwar gerne das teurste Modell verkaufen, hat aber natürlich auch das billigste da: wenn er nur das Teurere vorschlägt, oder gar vorrätig hat, laufen die meisten Kunden zur Konkurrenz...

Wie geht man vor? Setzt man sich ein preisliches Limit, dann darf man nur bestimmte Modelle probieren. Das hat den Vorteil, dass man schnell fertig ist mit dem Aussuchen, aber den Nachteil, dass man um schlappe 50 Euro ein deutlich besseres Instrument "verpasst". Also informiert man sich am besten, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt.

Kriterien für die Auswahl

Die Frage nach der Qualität stellt sich auf drei Ebenen: der Hersteller, das Modell, die Holzart sind die Kriterien. Ob ich eine teure Flöte aus Palisander kaufe oder die einfache aus Ahorn ist eigentlich die letzte Frage, nachdem ich herausgefunden habe, dass mir das Modell Dingens von Hersteller XY am besten gefällt, denn das grundsätzliche Spielgefühl entscheidet sich eher bei Modell und Hersteller. Das günstigste Modell in der kostbarsten Holzart mit einem teuren Modell in der einfachsten Holzvariante zu vergleichen ist nicht wirklich sinnvoll.

Die bekanntesten Flötenfabriken liegen preislich immer wieder dicht bei einander, ich persönlich habe keine grundsätzlichen Vorlieben. Wenn ich Instrumente durchprobiere, gefallen mir mal die einen, mal die anderen besser, das ändert sich. Die Hersteller versuchen ständig, sich und ihre Instrumente zu verbessern, und das merkt man auch: es gilt jedes Mal wieder neu zu probieren.

Was probiert man an einer Blockflöte?

  1. wie sie klingt
  2. ob alle Töne leicht ansprechen
  3. ob sie Grifflöcher so gebohrt sind, dass sie angenehm zu greifen ist
  4. ob sie gut gestimmt ist und ob sie mit anderen Instrumenten zu stimmen ist
  5. wie sie sich im Alltag verhalten wird, besonders ob sie schnell verstopft / heiser wird
  6. ob die Wicklungen, egal ob Kork oder Seide, gut sitzen und ordentlich gemacht sind
  7. wie die Flöte aussieht

Es ist leicht zu zeigen, dass man für das Überprüfen vieler dieser Kriterien eigentlich die Hilfe eines Menschen braucht, der gut Blockflöte spielt.

Man sollte schon etwas spielen können

  1. Ob ein Instrument klingt, merkt man, wenn es jemand richtig ausprobiert, derjenige muss also spielen können. Die Unterschiede zwischen ganz billigen und sehr teuren Flöten sind eine Sache, die schönste von drei Altflöten für über 1000 Euro heraus zu hören ein ganz anderer Job.
  2. Bei einem Anfänger kommt das hohe cis (Alt) vielleicht nicht heraus, während der geübte Spieler probiert, und sagt "Ja, bisschen heikel, aber mit etwas Übung geht das schon". Die hohe siebte Stufe in der zweiten Oktave und die doppelte Oktave ( e und f auf dem Alt) sollten schon leicht ansprechen.
  3. Die Lage der Grifflöcher muss der künftige Besitzer für sich probieren! Man kann zwar sagen, dass Abstände groß oder klein sind, aber ob es passt, muss der Besitzer erfühlen.
  4. Die Intonation der Flöte muss man sehr gründlich prüfen! Erstens stimmen Blockflöten nie, und zweitens hängt sehr viel vom Blasdruck, verschiedenen Griffen und überhaupt Erfahrung ab, sodass auch hier der erfahrene Spieler gefragt ist (Der erfahrende Spieler! Nicht jemand, der zwei Jahre Unterricht hatte und immer nachschauen muss, wie das gis noch mal ging...).
    Man kann natürlich auch ein Stimmgerät zu Rate ziehen, aber wenn eine Flöte sehr schlecht stimmt, sollte man das merken, und sonst muss man die Unsauberkeiten ausgleichen können (Dieser Satzteil bezieht sich auf zwei Dinge: der Spieler muss es können, und die Unsauberkeiten müssen sich in dem Rahmen halten, der ausgleichbar ist!).
    Wenn die Flöte insgesamt so tief ist, dass 440 Hertz (oder gar 442 oder 443, falls man mal mit Orchestermusikern musiziert) nicht mal zu erreichen sind, wenn man die Flöte grillt (Anwärmen des Instrumentes sorgt dafür, dass es etwas höher wird), sollte man weiter probieren.
  5. Ob das Instrument, das mir im Laden am besten gefällt hinterher Probleme macht, weil es nach fünf Minuten hartnäckig verstopft ist, kann man in den seltensten Fällen ausprobieren. Wohl dem, der einen Laden findet, in dem man wenigstens bei teuren Instrumenten die Möglichkeit hat, eine Weile zu spielen!
  6. Die Korkverbindungen sollten ordentlich aufgeleimt und in sich nicht brüchig sein (Negativbeispiele habe ich durchaus schon bei neuen Instrumenten gesehen). Eine richtige Wicklung steht eigentlich dafür, dass das Instrument individuell gefertigt wurde, und der Bauer wird das schon ordentlich gemacht haben.
  7. Das Aussehen der Flöte ist durchaus ein Faktor: günstige Ahornflöten gibt es normal (eher bleich) und dunkel gebeizt. Ein Alt kann im nobel strukturarmen Grenadill daherkommen oder im lebhaft gestreiften Olivenholz. Der Besitzer muss sich mit dem Instrument identifizieren können (immer wieder verdeckte Hinweise darauf, dass Musikinstrumente keine geeignete Überraschung zum Geburtstag sind...)!

Musikgeschäft oder Internet

Ein entscheidender Punkt dafür, ob ich eine gute Flöte für mein Geld und meine Pläne bekomme, ist der Laden! Ein "Musikgeschäft für alles" verkauft immer auch Blockflöten. Ob die Menschen im Laden viel von Blockflöten verstehen ist damit noch nicht geklärt. Man kann vorher (wieder den Lehrer oder andere Kunden) fragen, man kann das Angebot überprüfen (gibt es auch teure Flöten, wie viele Hersteller sind vertreten), man kann einfach nachfragen (vielleicht hat der Verkäufer ein ausführliches Praktikum bei einer Flötenmanufaktur gemacht), man kann beobachten (falls fraglos nur deutsche Griffweise angeboten wird, eventuell fliehen...).

In einem Fachgeschäft für Blocklöten, Blasinstrumente oder historische Instrumente kann es einem passieren, dass der Mensch, der einen bedient auch an einer Musikschule arbeitet und Blockflöte studiert hat und jemand in der Werkstatt hervorragende Blockflöten selber baut. Auch in so einem Geschäft wird es die Einstiegsmodelle geben, aber vielleicht trifft der Besitzer eine Vorauswahl, findet bestimmte Anbieter grundsätzlich nicht gut etc.

Kann man eine Flöte im Internet kaufen? Aber klar! Wenn man sich für ein bestimmtes Modell entschieden hat, und denkt, dass die Instrumente der Baureihe eh alle gleich sind, geht das. Wenn man probieren möchte, und aus fünf äußerlich gleichen Instrumenten für sich das beste auswählen möchte, ist das schnelle Internet eher langsam: Bestellen, zurückschicken, bestellen... und vor allem: wie vergleichen?

Konkrete Tipps

Kommen denn jetzt gar keine konkreten Tipps?

Für den Anfangsunterricht nehme ich gerne gute Kunststoffflöten, da Anfänger im Allgemeinen viel Wasser in die Flöte befördern und Wasser und Holz keine Freunde sind. Modelle, bei denen ein Kunststoffkopf auf ein Holzfußstück gehört fand ich bisher immer grauslich, weil sie von der Intonation nicht zu anderen Flöten passten. Und mir gefällt die Philosophie nicht, ein extrem günstiges Instrument zu kaufen, dann nach der Zeit, in der allzuviel Wasser in die Flöte gelangt dieses durch Austausch des Plastikkopfes durch ein vermeintlich besseres Holzkopfstück "aufzuwerten" und dann zu glauben, man habe da schon ein ganz gutes Instrument.

Bei den einfachen Modellen habe ich einige Vorurteile: die Einstiegsmodelle aus Holz gefallen mir regelmäßig nicht, vor allem sind sie meiner Erfahrung nach schneller verstopft als die nächst besseren Instrumente, zu denen ich eher rate. Ansonsten gilt: probieren und vergleichen. Nicht mit der Vorgabe "mehr als X Euro werden aber nicht ausgegeben" an die Sache herangehen!
Man gibt für so viele Dinge Geld aus, die zwar einen Gebrauchswert haben und gerne Qualität besitzen sollten - nehmen wir als Beispiel den Feind aller Musiklehrer, den Fernseher. Aber ein Musikinstrument, wenn man es denn liebt, ist doch so viel wertvoller: man wächst damit, man übt sich damit, man lebt doch seine Krativität anders aus, als mit manch anderm Besitz. Soll man sich wirklich in zwanzig Jahren fragen "Warum habe ich eigentlich damals nicht die Flöte gekauft, die mir so viel besser gefallen hatte?"
Bei Blockflöten gibt es ein Phänomen, dass für viele andere Gegenstände weniger gilt: Bei vielen Hobbies wird die Erstaustattung irgendwann durch etwas Besseres ersetzt, egal ob es die Kamera, der Tennisschläger oder die Skibindung ist. Wenn man die Sache länger und intensiver betreibt, will man irgendwann eine ordentliche Ausrüstung. Aber die alte Sopranflöte, die geht doch noch, oder...

Werte

Also grundsätzlich und ganz ohne Schüchternheit der Tipp: kaufen Sie eine gute Blockflöte! Wenn jemand lange und intensiv und gut spielt, sollte man mal shoppen gehen und fröhlich Flöten der oberen Preisklasse probieren. Wenn Ihr Kind ein Streichinstrument spielt und begabt ist, redet der Lehrer irgendwann über Summen mit fünf Stellen, da sind Blockflöten doch günstig!

Eine teure Altflöte, für die ich heute 1200 € auf den Tisch lege, wird mich in 10 Jahren pro Monat 10 Euro gekostet haben. Aber erstens lebt sie dann ja noch und hat noch viele Dekaden vor sich, zweitens kostet sie in 10 Jahren wahrscheinlich deutlich mehr und wäre bei guter Pflege durchaus gebraucht zu verkaufen, und drittens hat sie wenig Benzin und Strom verbraucht, und die Zeit, die ich mit ihr verbraucht habe anders aufgewertet als der veraltete Computer, die antike Kommode oder der Designeranzug, der nach 10 Jahren nicht mehr so richtig sitzt...

Sind Blockflöten eigentlich teuer? Was auch immer man über Globalisierung, Outsourcing und dergleichen denkt, man sollte immer mal wieder innehalten und überlegen: was braucht man eigentlich, um vernünftige Musikinstrumente herzustellen? Auch etwas so "einfaches", wie ein Stock mit Löchern braucht die Löcher an der richtigen Stelle (und zwar genau!), abgelagertes Holz, ein paar Maschinchen (bei den großen Firmen ein paar mehr), ein Dach überm Kopf und vor allem Menschen mit Ausbildung und Können, für die Top - Instrumente einem Schuß Genialität, die dafür ordentlich bezahlt werden.
Auf meiner Seite über Gitarrenunterricht steht ein Abschnitt über Wert und Wertverlust bei Musikinstrumenten und hier lesen Sie eine Glosse zu geschenkten Musikinstrumenten.